Open Interest – Das Wichtigste vorweg
- Open Interest bezeichnet die Gesamtzahl aller zum Ende eines Handelstages offenen -also nicht glattgestellten oder erfüllten – Futures Kontrakte bzw. aller nicht ausgeübten Optionen.
- Das Open Interest (OI) wird von der jeweiligen Börse, an der das Finanzprodukt gehandelt wird, zum Börsenschluss ermittelt und veröffentlicht.
- OI existiert nur im Futures– und Optionshandel. Wird in anderen Märkten von “Open Interest” gesprochen, ist dies eine falsche, verwirrende Verwendung des Begriffs (oft wird im Aktienhandel von ‘offenem Interesse’ an der Aktie gesprochen und dabei das Open Interest der Aktienoptionen angeführt).
- “Open Interest” und “Volumen” sind zwei Kennzahlen, die die Marktaktivität und Marktdynamik beschreiben. Ihnen liegt ein ähnliches Konzept zugrunde, sie dürfen jedoch nicht verwechselt werden.
- Während das OI eine Kennzahl ist, die ein statistisches Ergebnis zum Abschluss einer Handelsperiode (Handelstag) ausdrückt ist das Volumen ein Wert, der sich dynamisch mit jeder Transaktion am Markt ändert.
- Für den Trader ist das OI ein wertvoller Indikator für das Interesse an einem bestimmten Finanzprodukt.
- Das OI kann nicht nur als Sentiment-Indikator genutzt werden; die Analyse seiner Veränderung im Zusammenhang mit der Preisänderung eines Assets ermöglicht Aussagen über eine mögliche zukünftige Kursentwicklung.
Inhalt
- Was ist Open Interest im Trading?
- Worin besteht der Unterschied zwischen “Open Interest” und “Volumen”?
- Welche Handelsaktivitäten verändern das Open Interest?
- Wo finden Sie Informationen und Daten zum Open Interest?
- Bedeutung des Open Interest im Futurestrading
- Open Interest als Werkzeug des Optionstraders
- Open Interest im DAX-Future und bei DAX-Optionen
- Quellen und Hinweise
- Fragen & Antworten
Beim Handel mit Futures und Optionen ist es für Händler und Anleger von entscheidender Bedeutung, Markttrends zu erkennen, die Markstimmung zu verstehen und mögliche, zu erwartende Kursbewegungen vorherzusagen. Während technische Analyseinstrumente wie gleitende Durchschnitte, RSI und MACD zu diesem Zweck weit verbreitet sind, gibt es einen weniger bekannten, aber dennoch aussagekräftigen Indikator, das “Open Interest”.
Open Interest ist ein Begriff, den Händler häufig verwenden, wenn sie über das Trading mit Futures und Optionen sprechen.
Die Analyse der Open Interest Daten sollte als unterstützendes Instrument neben der technischen Analyse eingesetzt werden. Open Interest gibt wichtige Informationen über Aktivität und Liquidität an Futures- und Optionsmärkten. Aber auch bei Aktien, deren Derivate (Aktienoptionen) an diesen Märkten gehandelt werden, ist die Betrachtung des Open Interest hilfreich. Eine signifikante Änderung des OI in diesen Derivaten kann einen guten Hinweis auf die Marktrichtung der Aktie bieten.
Sie sollten mit diesem Konzept vertraut sein, da es Ihnen hilft, Sentiment und Marktentwicklung einzuschätzen und fundierte Handelsentscheidungen zu treffen. In diesem Artikel will ich Ihnen einen umfassenden Einblick in dieses Werkzeug geben.
Was ist Open Interest im Trading?
“Open Interest” bezeichnet im Trading die Gesamtzahl aller zum Ende eines Handelstages offenen, also noch nicht glattgestellten Kontrakten bei Derivaten (Optionen und Futures) an der jeweiligen Börse. Dieser Wert ist ein Indikator dafür, wie viel Kapital oder wie viele Verträge in einem bestimmten Markt oder Produkt aktiv sind.
Wichtig dabei ist, dass dieser Wert ausschließlich an den Futures- und Options- Märkten existiert. Finden Sie eine “Open Interest” Information im Zusammenhang mit beispielsweise Aktien oder Anleihen, so handelt es sich hierbei um eine falsche oder irreführende Verwendung des Begriffs (da an den Börsen auch Optionen auf Aktien gehandelt werden, wird manchmal das Open Interest dieser Aktienoption fälschlicherweise als “Open Interest der Aktie” vermittelt).
Das Open Interest ist ein wichtiger Indikator der das Interesse der Marktteilnehmer an einem bestimmten Markt oder Finanzprodukt widerspiegelt. Ein steigendes Open Interest zeigt an, dass neues Geld in den Markt fließt, was auf ein wachsendes Interesse an dem betreffenden Finanzinstrument hindeutet. Ein fallendes Open Interest deutet hingegen darauf hin, dass Kapital abgezogen wird.
Der Wert des Open Interest wird täglich zu Handelsschluss von den jeweiligen Börsen ermittelt und veröffentlicht. Auf die Frage, wo Sie diese Information finden und wie Sie sie nutzen, komme ich gleich zurück.
Oft wird das Open Interest mir dem Begriff “Volumen” verwechselt oder gleichgesetzt. Obwohl beiden Werten das gleiche Konzept zugrunde liegt vermitteln sie unterschiedliche Informationen.
Worin besteht der Unterschied zwischen “Open Interest” und “Volumen”?
“Open Interest” und “Volume” (Handelsvolumen) sind beides wichtige Konzepte im Trading. Obwohl zwischen ihnen ein enger Zusammenhang besteht – und beide im Rahmen der Marktanalyse gemeinsam betrachtet werden müssen – bieten sie unterschiedliche Einblicke in die Marktaktivität und -dynamik.
Open Interest bezieht sich auf die Gesamtzahl der offenen oder ausstehenden Derivate-Kontrakte (Optionen oder Futures) an einer Börse, die noch nicht geschlossen oder erfüllt wurden. Es wird zum Ende des Handelstages von der Börse veröffentlicht und stellt einen statistischen Wert dar, der ein Tagesergebnis subsummiert. Der Wert ändert sich immer dann, wenn ein neuer Kontrakt eröffnet oder ein bestehender geschlossen wird. Wechselt ein Kontrakt lediglich den Besitzer, verändert er sich nicht. Vergleichen Sie dazu die unten stehende Tabelle 1.
Das Volumen misst die Anzahl aller Finanztransaktionen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Es wird an allen Finanzmärkten ermittelt, nicht nur an den Futures- und Optionsmärkten. In den Wert des Volumens fließen alle Kauf- oder Verkaufsvorgänge des betreffenden Produkts ein, unabhängig davon, ob neue Futures- bzw. Options-Kontrakte entstehen oder bestehende abgeschlossen werden. Im Gegensatz zum Open Interest wächst das Volumen also beständig an, es erhöht sich mit jeder Aktion am Markt.
Volumen ist dadurch ein Indikator für die Marktdynamik. Ein hohes Volumen weist auf eine hohe Handelsaktivität hin, was zu größerer Preisvolatilität führen kann. Es hilft auch dabei, die Stärke eines Preistrends zu beurteilen.
Abbildung 1 zeigt den Verlauf des Gesamt-Volumes und das Open Interest der CME (Chicago Mercantile Exchange). Die von mir markierten Säulen zeigen jeweils Freitage an. Auffällig ist, dass das Open Interest an diesen Tagen stagniert oder oft sogar deutlich zurückgeht.
Das ist darauf zurückzuführen, dass viele Trader am Freitag zu Börsenschluss ihre Positionen glattstellen, um der Gefahr von Kurslücken (“Gaps”) bei Wiederaufnahme des Handels nach dem Wochenende zu entgehen.
Welche Handelsaktivitäten verändern das Open Interest?
Das Open Interest wächst immer dann um 1, wenn ein neuer Kontrakt entsteht, und verringert sich um 1, wenn ein offener Kontrakt glattgestellt oder ausgeübt (Optionen) wird.
Dabei müssen Sie drei Dinge von vornherein wissen:
- Jeder einzelne Kontrakt hat, im Gegensatz zu Assets wie Aktien oder Anleihen, genau zwei beteiligte Händler: den Käufer des Kontrakts (die “Long-Position”) und den Verkäufer (“Short-Position”).
- Die absolute Anzahl von Kontrakten ist nicht festgelegt oder begrenzt. Ähnlich einem Kaufvertrag oder einer Bestellung in einem Versandhandel entsteht ein Kontrakt immer dann, wenn sich zwei Marktteilnehmer “handelseinig werden”.
- Anders als z.B. im Aktienhandel können Futures und Optionen problemlos “Short” gehandelt, also “leerverkauft” werden. Einschränkungen oder Bedingungen gibt es nicht. Stellen Sie sich einen Leerverkauf folgendermaßen vor: ein Landwirt, der eine Siloladung Weizen verkaufen möchte, betritt den Markt und bietet sie an, ein Mühlenbetrieb akzeptiert das Angebot, man vereinbart einen Preis und Liefertermin — ein neuer Kontrakt ist entstanden (und das Open Interest des Handelstages um 1 gestiegen).
Schauen wir uns ein paar (natürlich symbolisch vereinfachte) Handelsbeispiele an. Wir betrachten einen Futuresmarkt (z.B. Weizen). Das Open Interest zu Handelsbeginn sei 1000:
# | Ereignis | Veränderung | Wert OI |
---|---|---|---|
1 | Trader A betritt den Markt und kauft 5 Kontrakte (geht 5 Kontrakte Long) | + 5 | 1005 |
2 | Trader B kommt ebenfalls neu an den Markt und kauft 15 Kontrakte | + 15 | 1020 |
3 | Trader C geht short mit 5 Kontrakten in den Markt (verkauft 5 Kontrakte leer) | + 5 | 1025 |
4 | B stellt seine Position glatt und verkauft seine 15 Kontrakte an Traderin D, die neu in den Markt kommt | 0 | 1025 |
5 | A (long 5) verkauft seine Kontrakte an C (short 5). Beide stellen ihre Positionen dadurch glatt. | -5 | 1020 |
Erläuterung:
Nr. 1 und 2: Beide Händler gehen neu in den Markt und eröffnen Long-Positionen. Es entstehen neue Kontrakte. Als Gegenpartei (Verkäufer) fungiert in diesem Moment der Broker der beiden (bzw. die Clearingstelle der Börse).
Nr. 3: Auch hier entstehen 5 neue Kontrakte. Bei der Ermittlung des Open Interest ist es dabei nebensächlich, ob ein Kontrakt initial Long oder Short erzeugt wird.
Nr. 4: Traderin D betritt zwar neu den Markt und B stellt ihre Position glatt. Hier entstehen aber keine neuen Kontrakte, sondern es findet nur eine Übertragung auf einen anderen Inhaber statt.
Nr. 5: Das gleichzeitige Glattstellen der Long- und Shortpositionen führt hier dazu, dass die 5 Kontrakte quasi “verschwinden”.
Wo finden Sie Informationen und Daten zum Open Interest?
Das Open Interest wird täglich von der jeweiligen Börse, die das Finanzprodukt handelt, veröffentlicht. Die erste Möglichkeit ist also, die Website der Börse zu konsultieren:
Diese Daten können Sie jedoch auch über die Webseiten der gängigen Finanzseiten und -Services wie z.B. Yahoo, OnVista oder nahezu jeder beliebigen anderen Site abrufen.
Eine weitere Möglichkeit ist der Abruf des COT (Commitment of Traders)-Report der CFTC, der US-Aufsichtsbehörde für Futures- und Optionsmärkte der USA. Hier finden Sie neben dem Open Interest auch die Aufschlüsselung der Long- und Shortpositionen der relevanten Marktteilnehmer. Eine ausführliche Einführung in die Struktur und den Gebrauch dieses Marktberichts finden Sie in unserem Beitrag “CoT Daten und CoT Report … verstehen”.
(*) Wie wird das Open Interest im Beispiel Abb. 3 ermittelt?
Da jeder Kontrakt einen Käufer und einen Verkäufer besitzt, ist das OI aus den Long-Daten gleich dem OI aus den Short-Daten. Das gesamte OI ergibt sich also aus der Summe aller Longpositionen oder der Shortpositionen aller drei Gruppen von Marktteilnehmern (Non-Commercials, Commercials, Nonreportables). Dazu zählen Sie noch den Wert der “Spreads” der Non-Commercials. Bei den Spreads handelt es sich um Positionen, bei denen die “Large Speculators” (anderer Name für die Non-Commercials) parallel eine Position in einem aktuellen Kontrakt und eine gleichgroße, aber gegenläufige Position in einem späteren Kontrakt des selben Rohstoffs eingehen.
Der COT-Report wird von der CFTC wöchentlich jeweils Freitags zum US-Börsenschluss (ca. 21:30 MEZ) veröffentlicht und beinhaltet die End-Of-Day Daten des vorausgehenden Dienstags. Es sind also keine tagesaktuellen Daten. Für Options- und Futurestrader enthält der Bericht dennoch essentielle Informationen, die Sie bitte dem vorher genannten Artikel entnehmen.
Ich möchte Sie hier außerdem noch auf zwei Services verweisen, die Ihnen die Daten des OI als Chartdarstellung anbieten: barchart.com und TradingView.com. (Das sind natürlich nicht die einzigen Websites, aber die in meinen Augen hilfreichsten und gebräuchlichsten.)
Open Interest bei barchart.com
Bei barchart.com schalten Sie die Anzeige das Volumens und des Open Interest über das Menü “+Study” zu. Das OI kann als Linie zusätzlich zum Volume angezeigt werden.
Open Interest bei tradingview.com
Weitere interessante Darstellungen bietet Ihnen der ebenfalls freie Service tradingview.com im Rahmen seiner “Community Scripte”:
Abbildung 5 zeigt ein Beispiel, wie Ihnen dieser Service die Daten darstellen kann. Sie sehen den fortlaufenden (“Continuous”) Daily Chart im Kontrakt des Weizen Futures ZW für das Jahr 2023.
Angezeigt werden die Rolltermine der fünf jährlichen Kontrakte. Darüber sehen Sie das Volumen (Balken) und das Open Interest (Linie). Auffällig ist der Verlauf des OI am Rolltermin: der aktuelle Kontrakt wird geschlossen und eine Position im nachfolgenden Kontrakt eröffnet. Dass das OI des aktuellen Kontrakts dabei nicht die Null-Linie erreicht liegt daran, dass hier Kontrakte durch Lieferung des Rohstoffs erfüllt werden.
Im Feld darunter sehen Sie eine weitere interessante und hilfreiche Darstellung: den Indikator “Seasonal Open Interest”, ein Script des community-Mitglieds ‘toodegrees’. Sie können dieses und andere Scripte über Indikatoren-Auswahl hinzufügen (die Suche nutzen, da die Menge an Community Scripten schier endlos ist!). Der Screenshot in Abbildung 6 zeigt die von mir als Favoriten angepinnten Community Scripte.
Der “Seasonal Open Interest” – Indikator nutzt die Daten aus dem COT-Report, daher sehen Sie das open Interest nicht tagesaktuell sondern als wöchentlichen Wert dargestellt (daher die “Treppenlinie”). Dargestellt wird ebenfalls der Durchschnittswert des OI (Moving Average für einen einstellbaren Zeitraum). Daraus ergeben sich interessante Analysemöglichkeiten:
Liegt das aktuelle Open Interest deutlich über bzw. unter dem Durchschnittswert, deutet dies auf ein aktuell stark gesteigertes (oder vermindertes) Interesse an dem Finanzprodukt hin.
TradingView Open Interest Scripte
Im nächsten Abschnitt gehe ich auf die Auswertung des Open Interest und seine Bedeutung für den Futures- und Optionshändler ein.
Die Bedeutung von Open Interest bei Futures und Optionen
Im Folgenden werde ich die Bedeutung, die das Open Interest für Ihren Handel hat, darlegen und Ihnen Grundsätze an die Hand geben, wie sie es korrekt interpretieren. Da das Konzept des Open Interest eng mit dem des Volumens verknüpft ist, werde ich dabei auch auf dieses zurückkommen.
Gehen wir zunächst auf den Handel an den Futuresmärkten ein.
Open Interest im Futuresmarkt
Wie der Begriff schon aussagt, ist Open Interest ein Maß für das Marktinteresse der Händler. Anders als das Volumen, das stark von den kurzfristigen (Daytradern) und ultrakurzfristigen Tradern (Scalpern) beeinflusst wird, gibt Open Interest die Zahl der Kontrakte an, die “über Nacht” gehalten werden.
Damit wird das Open Interest zu einem wichtigen Sentiment Indikator. Allerdings sollte es nicht isoliert und auf den Augenblick bezogen betrachtet werden. Stellen Sie nicht nur den momentanen, tagesaktuellen Wert des Open Interest in den Mittelpunkt Ihrer Betrachtung, sondern auch dessen Veränderung.
Statische Betrachtung des Open Interest
Gehen wir zunächst aber auf den Momentanwert ein. Auch er besitzt für bestimmte Fragestellungen seine bestimmte Aussagekraft. Ein wichtiges Beispiel aus dem Futureshandel:
In Abbildung 7 (abgerufen 23.02.2024) sehen Sie die Kontraktauflistung des Gold Futures GC bei barchart.
Der Kontrakt mit dem höchsten OI ist der April-Kontrakt GCJ24. Ein Trader, der nun aus dem Februar Kontrakt in einen Nachfolgenden rollen muss, wird nicht den unmittelbar folgenden Märzkontrakt wählen sondern den im wahrsten Sinn des Wortes “interessanteren” April Kontrakt. (Interessant sind übrigens – am Rande erwähnt – die Daten für den auslaufenden Februarkontrakt: Volume 1, Open Interest 0 – hier hat jemand seine letzte noch offene Position glattgestellt.)
Die isolierte Betrachtung des augenblicklichen OI Wertes gibt also Auskunft, welcher Kontrakt im Vergleich mit den benachbarten am aktivsten gehandelt wird. Hohes Open Interest deutet hier auch auf eine höhere Liquidität hin. Das bedeutet, es ist einfacher, Positionen zu öffnen und zu schließen, da ein aktiver Markt für dieses Produkt besteht. Und das wiederum wirkt sich auf die Ausführungsgeschwindigkeit Ihrer Order aus: die Gefahr einer kostenintensiven Slippage reduziert sich.
Die Betrachtung der Dynamik: die Veränderung des OI-Werts
Für den aktiven Trader aussagekräftiger ist jedoch die Dynamik des Wertes, also seine Veränderung. Und das sowohl für den mittelfristigen Swingtrader als auch für den Kurzfristtrader im Daytrading.
Ein Anstieg des Open Interest bedeutet, dass neues Kapital in den Markt fließt. Dies deutet auf ein wachsendes Interesse an dem betreffenden Finanzinstrument hin. Ein sinkendes Open Interest zeigt dagegen an, dass Kapital abgezogen wird.
Das OI kann somit Aufschluss darüber geben, ob ein Trend an Stärke gewinnt oder verliert. So kann z.B. ein steigender Preis eines Futures in Verbindung mit einem steigenden Open Interest als Zeichen für einen starken Aufwärtstrend interpretiert werden.
Die folgende Tabelle stellt mögliche Kombinationen von Preis und OI im Überblick dar:
Zur Verdeutlichung:
- Preis steigt, OI steigt: Der aktuelle Aufwärtstrend wird sich auch in den nächsten Tagen fortsetzen, so dass der Trader seine aktuelle Longposition beibehalten bzw. noch ausbauen kann. Auch neue Positionen auf der Long-Seite können eröffnet werden.
- Preis steigt, OI fällt: Der aktuelle bullische Trend wird wahrscheinlich seinen Höhepunkt erreichen. In den kommenden Tagen könnte ein Seitwärts- oder sogar Abwärtstrend einsetzen. Trader beginnen, Gewinne zu realisieren und aus ihren Longpositionen auszusteigen. Und Shorts kaufen und stellen ihre Verlustpositionen glatt.
- Preis fällt, OI steigt: Ein aktueller bearischer Trend wird sich wahrscheinlich weiter fortsetzen. Trader bauen ihre aktuellen Short-Positionen aus oder gehen eine neue Short-Position ein.
- Preis fällt, OI fällt: Der aktuelle Trend nach unten wird vermutlich nicht länger anhalten und in eine Seitwärts- oder Aufwärtsbewegung übergehen. Trader beginnen, aus ihren bestehenden Short-Positionen auszusteigen.
Doch halten Sie sich immer vor Augen: Im Gegensatz zum Volumen gibt die Veränderung des offenen Interesses keinen wirklichen Aufschluss über die Richtung der Märkte. Sie kann jedoch jedoch ein Gefühl für die Stärke eines Aufwärts- oder Abwärtstrends vermitteln.
Im Allgemeinen heißt es bei einem plötzlich umschlagenden Open Interest, das von einem schnellen Anstieg oder Rückgang der Preise begleitet wird, Augen offenhalten und bereit sein.
Open Interest liefert den Treibstoff für eine Kursbewegung
Die Analogie zwischen Open Interest und Kursbewegung ist die zwischen Brennstoff und Feuer. Wird dem Feuer der Brennstoff entzogen, erlischt es. Wird einem Preistrend das Open Interest entzogen, ändert sich der Trend.
Wenn das Open Interest sinkt, wird der Brennstoff entzogen und der vorherrschende Preistrend erlischt.
Und wir sollten uns im Klaren sein: der Brennstoff für den Futures-Markt wird von den Verlustpositionen geliefert. Jedem Dollar Gewinn im Futures-Handel muss ein Dollar Verlust gegenüberstehen. Das Open Interest spiegelt dieses sehr wichtige Konzept wider. Die Verlierer sind notwendig, um die Händler mit der richtigen Markteinschätzung zu bezahlen.
Wenn die Verlierer allerdings beschließen, dass sie “das dumme Spiel nicht mehr spielen wollen” (Larry Williams) und den Markt verlassen, sinkt das Open Interest. Das sinkende Open Interest bedeutet, dass der vorherrschende Preistrend sehr ungesund geworden ist. Damit sich ein gesunder, starker Preistrend (egal, ob nach oben oder unten) fortsetzen kann, sollte das Open Interest im Idealfall steigen oder auf seinem Niveau verharren, aber keinesfalls sinken.
Wir beziehen das Volumen mit in die Betrachtung ein
Open Interest muss immer in Verbindung mit dem Handelsvolumen betrachtet werden. Ein hohes Handelsvolumen zusammen mit einem steigenden Open Interest deutet auf eine starke Marktbewegung hin. Ein steigendes Volumen und ein fallendes Open Interest könnten jedoch auf eine nahende Trendwende hinweisen. Konkret bedeutet es ja, dass die Action am Markt von den Händlern kommt, die “abschließen und nach Hause gehen”.
Der ideale gesunde Bullenmarkt
Die ideale Situation für einen gesunden Bullenmarkt ist gegeben, wenn Volumen und Open Interest steigen. Der Bullenmarkt expandiert. Ein starker Aufwärtstrend im Preis ist dadurch gekennzeichnet, dass das Volumen an Tagen, an denen die Preise nach oben gehen, größer ist als an Tagen, an denen sie nach unten gehen.
Ein geringes Volumen an Tagen mit fallenden Preisen zeigt dem Händler, dass die Longpositionen nicht dringend aufgelöst werden müssen. Wenn sich das Open Interest nicht wesentlich ändert, kann von einer kurzen Korrektur und der Fortsetzung des Trends ausgegangen werden.
Der ideale gesunde Bärenmarkt
Die ideale Situation für einen gesunden Bärenmarkt: zunehmendes Volumen wenn die Preise sinken, bei gleichzeitigem steigenden OI. Ein starker Preisabwärtstrend zeichnet sich durch eine weitere Ausweitung des Volumens aus.
Aber selbst in einem langfristigen Bärenmarkt werden die Kurse nicht kontinuierlich fallen. Gegenläufige Bewegungen gegen die Richtung des Haupttrends führen zu Kurserholungen, die manchmal mehrere Tage, manchmal aber auch mehrere Wochen dauern können.
Besteht jetzt Dringlichkeit für die Short-Positionen entsteht, ihre Positionen glattzustellen? Betrachten Sie wieder Volumen und OI.
Das Volumen sollte zurückgehen, das Open Interest sich jedoch nicht signifikant verändern. Es liegt eine sprichwörtliche “Low-Volume-Rallye” vor. Das Volumen ist rückläufig, das Verhältnis von Preis, Volumen und Open Interest signalisiert dem Trader jedoch, dass die Richtung des Haupttrends weiterhin abwärts gerichtet ist.
“BlowOff” – Volumen
Ein hohes Volumen ist ein erwünschtes Attribut bei einem Ausbruch, der einen neuen Kursschub einleitet, insbesondere bei einem Ausbruch nach oben. Allerdings existiert eine Erweiterung dieser idealen Preis-Volumen-Konfiguration, die von größter Bedeutung ist und nicht übersehen werden sollte.
Verlustpositionen, insbesondere spekulative Positionen (die “Large Speculators” im Gegensatz zu den “Commercials”, den legitimen Hedgern des COT-Reports), schaffen oft Bedingungen, die zu einem übermäßigen Volumen führen. Die dringende Notwendigkeit, Verlustpositionen schnellstmöglich auszugleichen, führt zu einem sog. “Blowoff-Volumen“.
Dabei handelt es sich um einen Anstieg des Umsatzes auf ein außergewöhnlich hohes Niveau.
Wie lässt sich jetzt dieses “Blowoff” Volumen von einem “normalen” High-Volume unterscheiden?
- Ein starker Anstieg des Volumens tritt gewöhnlich zu Beginn einer Kursbewegung auf, oft bei der Durchdringung einer Trendlinie.
- BlowOff-Volumen tritt dagegen typischerweise auf, nachdem eine umfangreiche Kursbewegung stattgefunden hat.
Betrachten wir ein Beispiel. Sie sehen den Kurs des Bitcoin Futures im – für den Coin vermutlich ereignisreichsten – Jahr 2021. Unter dem Preischart Volumen (Balken) und Open Interest (Linie). Außerdem erkennen Sie wieder die Rolltermine.
Was in der Welt damals geschah:
Nachdem TESLA im Februar 2021 1,5Mrd US$ in Bitcoin investiert hatte, ging der Kurs nach oben. Angetrieben wurde diese Kurssteigerung noch durch die Ankündigung Elon Musks (via Twitter), Bitcoin künftig als Zahlungsmittel für Teslas zu akzeptieren.
Am 15. April erreichte der BTC Future einen vorläufigen Höchststand bei 64.030.
TESLA trennte sich im April nun von 10% seiner Bitcoins, was den Kurs einbrechen ließ. Einen weiteren Tritt versetzte wiederum Elon Musk dem Coin, und wieder via Twitter: im Mai zog er seine kurz zuvor gegebene Zusage, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren, zurück. Gleichzeitig bemängelte er die Schlechte Umweltbilanz der Kryptowährung.
Die Anleger verließen das Feld. Der Kurs stürzte ab, im Zeitraum vom 13. bis 21. Mai verlor der BTC Future 35.4%. im Zusammenhang mit dem Kurssturz kam es am 19.05. zu einem deutlichen “BlowOff”.
Das Open Interest ging in der Zeitspanne natürlich auch wegen des bevorstehenden Rolltermins zurück, erreichte aber im nachfolgenden Juni Kontrakt nicht wieder das Niveau des Mai Kontraktes.
Der Downswing des Bitcoin Futures setzte sich noch bis in den Juli hinein fort und erreichte am 21. Juli ein Tief bei 31.815 — in den rund drei Monaten hatte der Future 54% verloren.
Abbildung 11 zeigt den Kursverlauf über das gesamte Jahr 2021 hinweg. Der Chart zeigt das durchschnittliche Volumen (Volume Moving Average 20) und das “Seasonal Open Interest”. Einzelne Volumen-Balken, die sich außergewöhnlich aus der Reihe abheben, habe ich markiert. Man sieht, dass alle relevanten Trendänderungen durch hohe Volumina begleitet wurden.
Sie können erkennen, dass das Open Interest im Jahresverlauf bis Ende September konstant abnimmt und sich ab März (mit einer kurzen Ausnahme Ende Oktober) unter dem saisonalen Durchschnitt bewegt. Der starke Kursanstieg Ende September bis hin zum All-Time High am 09. November wird begleitet durch eine ebenfalls starke Zunahme des OI.
Nach dem All-Time High bewegen sich Kurs und OI wieder nach unten.
Um eine Verzerrung des tatsächlichen Verlaufs des Open Interest durch die Einbrüche infolge der Rolltermine zu vermeiden empfehle ich, parallel dazu die geglättete OI-Darstellung auf der Grundlage des wöchentlichen COT-Reports zu betrachten.
Open Interest als Werkzeug des Optionstraders
Open Interest existiert in Futures- und Optionsmärkten. In beiden Märkten hat es den selben Hintergrund, die Zahl aller offenen Kontrakte bzw. Optionen darzustellen. Im Fall der Optionsmärkte ist das die Zahl der noch nicht ausgeübten, verfallenen oder durch ein Gegengeschäft glatt gestellten Optionen.
Allerdings stellt sich das OI im bei Optionen etwas komplexer dar. Das liegt an der Besonderheit des Optionshandels.
Eine Option verbrieft – einfach ausgedrückt – das Recht, ein bestimmtes Finanzprodukt (z.B. Aktien oder Futures) bis zu einem bestimmtem Zeitpunkt (Ausübungsdatum oder auch Verfallsdatum – “Expiration Date”) und zu einem festgelegten Preis (“Strike-Price”) zu kaufen oder zu verkaufen.
Die Option, die den Kauf ermöglicht, heißt “Call-Option“, die den Verkauf zulässt “Put-Option“. Wie ein Future auch besitzt jede Option einen Käufer (genannt “Inhaber” der Option) und einen Verkäufer (den “Schreiber” der Option oder “Stillhalter”).
Dabei unterscheiden sich Ihre Rechte und Pflichten aus dem Handel, je nachdem, ob Sie auf der Käufer- oder Verkäuferseite stehen. Auch die Profitmöglichkeiten hängen davon ab.
Die Tabelle fasst das im Überblick zusammen:
Während der Verkäufer einer Option immer verpflichtet ist, seinen Part des Handels zu erfüllen kann der Käufer sich frei entscheiden, ob er seine Kauf- bzw. Verkaufsmöglichkeit auch tatsächlich wahrnimmt (“Option” = Wahlmöglichkeit). Würde er durch die Ausübung seines Wahlrechts einen deutlichen Verlust erleiden, lässt er die Option “verfallen”.
Der Verkäufer ist an die Entscheidung des Käufers gebunden. Er besitzt keine Wahlmöglichkeit. Dafür erhält er bei Abschluss des Geschäfts vom Käufer eine Prämie.
Der Verkäufer verdient also immer mindestens diese Prämie; andererseits ist der maximale Verlust des Käufers auf diese Prämie begrenzt (da er sein Wahlrecht natürlich nicht ausüben wird, würde er dadurch seinen Verlust vergrößern).
① Anmerkung: In diesem Fall wird der Käufer die Option ausüben, da der Gewinn aus dem Optionsgeschäft den durch die gezahlte Prämie entstandenen Verlust mindert.
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Da der Optionshandel umfangreiche Kenntnisse erfordert, kann und werde ich hier nicht auf alle Einzelheiten eingehen. Hierfür bietet die Website bei Kagels Trading einen umfangreichen Einführungskurs des Kollegen Christian Möhrer an. Sie starten die Sequenz hier:
Optionshandel lernen – der ultimative Guide für Einsteiger.
Der Handel mit Optionen ist ein faszinierendes Thema, deshalb sollten Sie sich als Außenstehender die Zeit nehmen, zumindest einmal “reinzuschnuppern”. Vielleicht ergibt sich daraus ein neues Interessenfeld für Ihr Trading?
Diese “homöapathische” Einführung soll Ihnen auch nur gerade so viel Information vermitteln, wie mir notwendig erscheint, um die Bedeutung des Open Interest im Optionshandel einordnen zu können.
Die Bedeutung des Open Interest im Optionshandel
Wie an den Futuresmärkten gibt das Open Interest an den Optionsmärkten die Anzahl der offenen Kontrakte zum Börsenschluss an. In diesem Fall also die Zahl der Optionen,
- die noch nicht ausgeübt wurden (durch Kauf bzw. Verkauf des zugrundeliegenden Produkts),
- die nicht durch ein Gegengeschäft glattgestellt wurden oder
- die verfallen sind.
Wichtig dabei: das Open Interest wird für die einzelnen Optionen am Markt ermittelt, und davon gibt es ja viele . Es gibt zunächst unterschiedliche Verfallsdaten (wöchentliche, monatliche) und dann für jeden Strike-Preis am jeweiligen Verfallsdatum eine Angabe des Open Interest.
Das hört sich sehr unübersichtlich an, ist es aber nicht. Welche Optionen sich am Markt befinden, mit welchen Strike-Preisen und zu welchen Prämien diese gehandelt werden und wie sich Volumen und Open Interest hierbei darstellen, können Sie der sog. “Option Chain” entnehmen. (Diese ‘Optionskette’ gibt Ihnen auch noch eine Reihe weiterer Informationen, auf die ich hier nicht näher eingehe.)
Der Screenshot von barchart.com zeigt die Option Chain für eine Option auf die Amazon-Aktie:
Die Aktie notiert zum Zeitpunkt des Screenshots bei 179.91. Ich habe die Option mit dem Verfallsdatum 19.04.2024 gewählt. Angezeigt werden die Optionen “Near the Money”, also in der Nähe des Marktpreises der Aktie. Der zugeschaltete “Volume Graph” bietet einen optischen Eindruck über die Höhe von Volumen und OI.
Die Optionen mit dem Strike-Preis 177.50 und 180.00 notieren “At The Money” (ATM, ‘Am Geld’). Notiert eine Option “In The Money” (ITM, ‘Im Geld’) lohnt sich für den Käufer die Ausübung der Option.
Analyse 1: Open Interest zur Interpretation der Marktstimmung
Welche Bedeutung kommt nun dem Open Interest für den Optionstrader zu? Hier sollten wir eine etwas genauere Ansicht betrachten, bei der Put- und Call-Optionen getrennt, aber mit zusätzlichen Informationen dargestellt werden:
In dieser Darstellung sehen Sie jetzt die Veränderung des Open Interest und des Preises und wir können, wie vorher bei den Futures, eine Prognose über die weitere Entwicklung des Markts wagen. Wir betrachten – wie in Tabelle 2 – die Kombinationen aus Preis- und OI-Änderung, um die Marktstimmung zu interpretieren. Allerdings müssen wir das zunächst getrennt für Call- und Put-Optionen durchführen.
I. Betrachten wir zunächst die Call-Seite:
- Anstieg des Call-Preis + Anstieg des OI
Wenn der Kaufpreis ansteigt, kommen mehr Trader in den Markt, was zu einem Anstieg des Open Interest führt. Dies deutet auf den Aufbau von Call-Long Positionen oder eine bullische Stimmung hin.
- Rückgang des Call-Preis+ Anstieg des OI
Wenn der Preis der Call-Option fällt, kommen mehr Optionsverkäufer, um den Handel auszuführen. Sie wollen, dass der Preis weiter fällt, wodurch das Open Interest steigt. Es handelt sich um einen Aufbau von Call-Shorts oder eine Baisse-Stimmung.
- Anstieg des Call-Preis + Rückgang des OI
Die Situation deutet auf eine Schwäche, den Call-Preis weiter nach oben zu treiben, hin. Die Stillhalter befürchten jetzt, dass der Preis weiter steigen könnte und decken ihre Positionen ein, so dass das Open Interest sinkt. Dies deutet auf eine Eindeckung von Leerverkäufen oder eine Hausse-Umkehrung hin.
- Rückgang des Call-Preis + Rückgang des OI
Wenn der Preis einer Call-Option schwächelt und fällt, befürchten die Käufer einen weiteren Preisverfall und ziehen sich aus ihren Positionen zurück. Das Open Interest sinkt. Dies deutet auf die Auflösung von Call-Long Positionen oder eine bearische Umkehrung hin.
II. Und der Blick auf die Put-Seite:
- Anstieg des Put-Preis + Anstieg des OI
Wenn der Put-Preis steigt und mehr Trader in den Markt drängen, hat das einen Anstieg des Open Interest zur Folge. Dies deutet auf den Aufbau von Put-Long Positionen oder eine bearische Stimmung hin.
- Rückgang des Put-Preis + Anstieg des OI
Wenn der Preis der Put-Option fällt, kommen mehr Optionsschreiber, um den Handel auszuführen. Sie wollen, dass der Preis weiter fällt, wodurch das Open Interest steigt. Es handelt sich um einen Aufbau von Put-Shorts oder eine bullische Stimmung.
- Anstieg des Put-Preis + Rückgang des OI
Wenn der Put-Preis steigt, fürchten die Stillhalter, dass der Preis weiter ansteigt und decken ihre Positionen ein. Das Open Interest sinkt. Es handelt sich um eine Short-Eindeckung von Puts oder eine bearische Umkehrung.
- Rückgang des Put-Preis + Rückgang des OI
Wenn der Preis einer Put-Option fällt, haben die Käufer Angst vor einem weiteren Preisverfall und geben ihre Positionen auf, wodurch das Open Interest sinkt. Dies deutet auf die Auflösung von Put-Long Positionen oder eine Umkehrung in bullische Richtung hin.
Das Ganze noch einmal in der Übersicht:
Wir fügen die Puzzleteile zusammen
Kombinieren wir nun die Puzzleteile der Call- und Put-Seite, um die allgemeine Marktstimmung zu ermitteln.
Wenn beide Optionen die gleiche Marktstimmung anzeigen, d.h. bullisch oder bearisch, dann wird diese Marktstimmung bestätigt, ansonsten nicht.
Schauen wir es uns genauer an:
- Aufbau von Call-Long + Aufbau von Put-Short Positionen
Es besteht eine starke Tendenz, den Preis nach oben zu treiben. Die Call-Käufer wollen, dass der Markt steigt, die Put-Schreiber treiben den Preis gleichzeitig nach oben. Dies verweist auf die bullische Stimmung.
- Aufbau von Put-Long + Aufbau von Call-Short Positionen
Es besteht eine starke Tendenz, den Preis nach unten zu bewegen. Die Käufer der Puts wollen, dass der Markt fällt, und die Verkäufer wünschen sich gleichzeitig, dass der Preis noch weiter fällt. Dies deutet auf eine bearische Stimmung hin.
- Aufbau von Call-Short + Aufbau von Put-Short Positionen
Es besteht eine Schwäche in der Bewegung des Kurses in beide Richtungen. Die Call-Schreiber schränken den Preis nach oben ein und gleichzeitig unterstützen die Put-Schreiber den Preis nach unten. Dies deutet auf einen Markt hin, der sich in einer Range befindet und seitwärts tendiert.
- Put-Short Aufbau + Call-Long Liquidierung
Die Kraft, den Preis nach oben zu bewegen, lässt nach. Die Gewinnmitnahmen der Call-Käufer können zu einer leichten Korrektur führen, aber die Put-Käufer werden den Kurs vor einem Rückgang bewahren. Dies deutet auf einen seitwärts gerichteten Markt mit positiver Tendenz hin.
- Aufbau von Call-Short Positionen + Auflösung von Put-Long Positionen
Die Abwärtsbewegung des Kurses schwächt sich ab. Aufgrund der Auflösung von Put-Long-Positionen bewegt sich der Kurs nach oben, aber die Call-Positionen unterdrücken den Kursanstieg. Es handelt sich um einen Seitwärtsmarkt mit einer negative Tendenz.
Marktstimmung bei Optionen – ein Beispiel:
Betrachten wir als eines von etlich möglichen Beispielen eine Option auf die Tesla (TSLA) Aktie. Wir schauen zuerst auf die Call-Seite:
Wir erkennen (mit Ausnahme zweier Strike-Preise am Geld) einen deutlichen Anstieg sowohl des Preises als auch des OI. Dies deutet auf den Aufbau von Call-Long Positionen hin.
Betrachten wir die Put-Seite, sehen wir ein ebenso homogenes Bild:
Über nahezu alle Strike-Preise der Optionen sehen wir einen Rückgang des Preises und einen Anstieg des OI, was auf den vermehrten Aufbau von Put-Shorts schließen lässt.
Kombinieren wir die beiden Aussagen, so lässt sich ein bullischer Trend vermuten.
Der Chart der Tesla-Aktie in Abbildung 15 zeigt, dass die Aktie Mitte März an einem 12-Monats-Tief angelangt war und sich im Augenblick wieder vorsichtig nach oben bewegt. Ob dies nur eine Korrektur des Abwärtstrends ist oder eine Trendwende? Wir werden sehen – es heißt am Ball bleiben.
Analyse 2: Open Interest findet Unterstützungs- und Widerstandszonen
Die Identifikation von Unterstützungs- und Widerstandszonen (Support and Resistance) ist ein Schlüsselkonzept in der technischen Analyse. Sie geben die Grenzen an, innerhalb derer sich der Preis eines Assets typischerweise bewegt.
- Support-Level bezeichnen den Preisbereich, unter dem der Preis eines Vermögenswerts tendenziell nicht fällt, da hier die Nachfrage stark genug ist, um den Preis zu stützen.
- Resistance-Level sind das Gegenteil: Sie kennzeichnen den Preisbereich, über dem der Preis selten steigt, weil zu diesem Preisniveau der Verkaufsdruck überwiegt.
Das Open Interest von Optionen ist ein hervorragendes Instrument, um diese Levels zu finden. Dazu suchen Sie nach dem maximalen Open Interest und dem OI mit der stärksten Veränderung, und zwar auf der Call- und Put-Seite.
Das höchste OI auf der Call-Seite deutet auf einen starken Widerstand für diesen bestimmten Verfallstag hin, und die höchste Veränderung des OI wird als Intraday-Widerstand angesehen.
Sie können die höchste Veränderung des OI auf der Call-Seite als Widerstand1 betrachten, während das höchste tatsächliche OI den Widerstand2 darstellt.
In ähnlicher Weise kann das höchste OI des Put-Flügels als Unterstützung für den Verfallstag fungieren, und im Gegensatz dazu kann die höchste Veränderung des OI auf der Put-Seite als Intraday-Unterstützung dienen.
Auch hier können Sie diese beiden Werte als Unterstützung1 bzw. Unterstützung2 angesehen werden.
Wenn diese beiden Werte übereinstimmen, kann dies als starke Unterstützung bzw. Widerstand betrachtet werden.
Wozu nutze ich diese Informationen?
Wenn Sie die Trendanalyse nach der vorstehenden Methode ausgeführt und festgestellt haben, dass der Markt möglicherweise in eine Seitwärtsbewegung einschwenkt (bzw. sich bereits darin befindet), ist es hilfreich, Support- und Resistance-Levels zu erkennen.
Hier kann Ihnen die Analyse des Open Interest mit Hilfe der Option Chain behilflich sein, um Erkenntnisse aus der technischen Chartanalyse zu evaluieren.
Open Interest im DAX-Future und bei DAX-Optionen
Abschließend will ich in diesem Zusammenhang noch auf “Des Deutschen liebstes Kind am Markt” eingehen, den Deutschen Aktien Index DAX und hier das Thema Open Interest ansprechen.
Der DAX wird oft auch als ‘DAX40’ bezeichnet, um ihn von der früheren Version ‘DAX30’ abzugrenzen. Er ist der wichtigste deutsche Aktienindex und repräsentiert die 40 größten und liquidesten Unternehmen, die an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet sind. Er dient als Barometer für die wirtschaftliche Lage Deutschlands.
Der Aktienindex stellt lediglich eine Rechengröße der Deutschen Börse dar. Daher kann er nicht direkt gehandelt werden. Investoren und Trader nutzen statt dessen verschiedene Derivate, wie ETFs, Futures und Optionen, um auf die Bewegungen dieses Index zu spekulieren.
Schauen wir uns zunächst auf dem Futuresmarkt um.
FDAX – der Futures auf den DAX
Der DAX-Future (FDAX) ist der Haupt-Future auf den DAX. Er wird neben einem “Mini-DAX Future” (FDXM) und einem “Micro-DAX” (FDXS) an der EUREX, der größten Derivatebörse der Welt, gehandelt. Die wichtigsten Spezifikationen dieser Kontrakte finden Sie z.B. bei WH SelfInvest hier.
Es existieren vier Kontrakte pro Jahr mit den Verfallsmonaten März, Juni, September und Dezember. Sie verfallen jeweils am 3. Freitag des Verfallsmonats.
Betrachten wir zunächst die Daten der aktuell gehandelten Kontrakte …
… so fällt das fast verschwindend kleine Volumen und das sehr geringe Open Interest auf. Es sind gerade mal 66 Kontrakte des September-Kontrakts offen. Auch die Betrachtung des Mini-DAX Futures, der für den Anleger aufgrund günstigerer Konditionen attraktiver ist, zeigt ein ähnliches Bild:
Vergleichen wir diese Daten mit zwei anderen Indexfutures – dem Euro Stoxx 50 oder dem S&P 500, wird dieser Unterschied deutlich:
Das relativ geringe Open Interest beim DAX Future ist höchstwahrscheinlich darauf zurück zu führen, dass der Futureshandel in Deutschland ohnehin wenig verbreitet ist. Ein völlig anderes Bild ergibt sich nämlich bei Betrachtung des Handels mit ETFs (oder auch CFDs, worüber es jedoch keine nachvollziehbaren Daten gibt, sondern nur Aussagen der CFD-Anbieter). Das soll hier jedoch nicht weiter thematisiert werden.
Schauen wir den Verlauf des Kurses und des entsprechenden OIs und Volumens über die letzten 5 Jahre, zeigt sich dieses Bild analog:
Das Open Interest hatte seinen Maximalwert am 29.04.2019 bei 106.924, das Minimum erreichte es am 11.09.2023 bei 44.456.Dennoch lassen sich aus dem OI interessante Schlüsse ziehen:
- Schauen wir auf das Jahr 2020. Der weltweite Börsencrash infolge der “Corona-Pandemie” ging auch am DAX nicht spurlos vorbei und ließ ihn von fast 14.000 auf unter 8.000 Punkte stürzen. Allerdings zeigt das konstant hohe OI in dieser Zeitspanne, dass die Anleger keineswegs aus dem DAX geflüchtet sind, sondern im großen Maße umgeschichtet haben. Erst in der zweiten Jahreshälfte wurden Positionen abgebaut und gegen End des Jahres (“2. Lockdown”) erreichte das OI einen Tiefpunkt.
- Ende des Jahres 2021 startete der DAX Futures eine Talfahrt, die nahezu das gesamte Jahr 2022 anhielt. Während dieser Zeitspanne kann jedoch ein fast stetiges Anwachsen des OI beobachtet werden, was auf die Stärke des Abwärtstrends hinweist.
Der folgende Chart schließlich zeigt die aktuelle Situation (Ende April 2024). Wir sehen den Verlauf des Juni-Kontrakts FDAXM2024 im 4-Stunden Chart:
Erste nennenswerte Bewegung finden Anfang März statt. Wir sehen ein stetiges Anwachsen des OI bis zum 19.März, dem “Expiration Date” des März-Kontrakts. Der Kurs ist hier weitgehend Konstant, das Wachstum des OI ist nur auf die Rollvorgänge in den aktuellen Kontrakt zurückzuführen.
Dann sehen wir einen Kursanstieg bei gleichzeitigem Ansteigen des “Offenen Interesses”. Hier entstand ein Aufwärtstrend, der über zwei Wochen anhielt — und am 2. April ein jähes Ende fand. Der DAX überwand Ende März die 18.000er Schwelle und erreichte am 27.03. sein Allzeithoch bei 18.795 Punkten. Doch dann ging es bergab. Was war geschehen?
Ende März veröffentlichte die EZB ihre “Gesamtwirtschaftliche Euroraum-Projektionen für das Jahr 2024” (Link hierzu in den Anmerkungen). Die Spannungen auf den Finanzmärkten, die schon vor der Fertigstellung der Projektionen durch die EZB im März 2024 auftraten, brachten zusätzliche Unsicherheit in die Wachstums- und Inflationsaussichten.
Die geldpolitische Straffung der EZB und die von den Märkten erwarteten weiteren Zinsanhebungen wirken sich zunehmend dämpfend auf die Realwirtschaft aus. Ein weiteres Absenken des für die Bundesrepublik erwarteten Wirtschaftswachstums tat sein übriges. Der deutsche Aktienmarkt ist im Sinkflug. Wir sehen bis Mitte April auch einen leichten Rückgang des Open Interest, was auf eine kontinuierliche Glattstellung der Long Kontrakte schließen lässt. Der leichte Anstieg des OI danach lässt vermuten, dass sich der Trend stabilisieren könnte, die nächsten Tage werden es zeigen.
Optionen auf den DAX
An der EUREX werden sowohl Standard-DAX-Optionen (ODAX) als auch Micro-DAX-Optionen (ODXS) sowie Optionen auf den DAX End-of-Day (ODAP) gehandelt.
Die Verfallsdaten dieser Optionen folgen wöchentlichen und monatlichen Zyklen. Die monatlichen Optionen verfallen am dritten Freitag jeden Monats, die wöchentlichen Optionen verfallen jeden Freitag (abgesehen von den spezifischen wöchentlichen Serien, die am letzten Handelstag der Woche enden).
Eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Optionen ermöglicht Ihnen die Website der EUREX hier: https://www.eurex.com/ex-en/markets/idx/dax/DAX-Options-139884. Die übersichtliche Darstellung der sog. ‘Option Chain’ finden Sie wiederum auf der Online-Präsenz von barchart hier.
Mein Fazit zum Thema Open Interest
Puuh! Wenn Sie bislang wenig oder gar nichts mit Optionen “am Hut” hatten, mag das alles etwas verwirrend und “starker Tobak” für Sie sein. Es zeigt aber, dass es sich durchaus auch für Aktien- und Futurestrader lohnt, sich mit dieser Materie zu beschäftigen.
Bedenken Sie dabei auch, dass Optionen nicht nur ein Finanzprodukt der spekulativ operierenden (Retail-) Trader sind, sondern in größerem Umfang zur Absicherung (“Hedging”) umfangreicher Asset-Bestände bei institutionellen Händlern eingesetzt werden. Und hier kommt dann das Sentiment der tatsächlich marktbestimmenden Händler zum Ausdruck.
Durch die Analyse des Open Interest von Futures oder Optionen können Sie den kurzfristigen Markttrend erkennen. Wenn Sie diese Daten bei einem bestimmten Wertpapier regelmäßig verfolgen, ist es auch möglich, mittelfristig den Trend einschätzen.
Gehen Sie eine Long-Position ein, wenn sowohl die Future- als auch die Optionsdaten auf eine bullische Stimmung hindeuten, und eine Short-Position, wenn beide Interpretationen auf eine bearische Stimmung hindeuten.
In einem seitwärts tendierenden Markt sollten Sie sich zurückhalten. Bleiben Sie “an der Seitenlinie stehen”. Mein Mentor sagte dazu immer:
“Keine aktive Position ist auch eine Position.”
Manchmal ist es ratsam, sich zu bremsen und auf die richtige Gelegenheit zu warten, anstatt einen falschen Handel zu tätigen.
Ich habe in diesem Artikel versucht, Ihnen die Bedeutung des Open Interest für den Trader näher zu bringen, habe es zur gängigeren Kennzahl “Volumen” abgegrenzt und die Nutzung dieser Information im Futures- und Optionshandel aufgezeigt. Ich hoffe, ich konnte dem einen oder anderen Trader noch ein paar neue Einblicke vermitteln und wünsche Ihnen viel Erfolg an den Märkten!
Quellen und Hinweise
Quellen:
- Alle Charts wurden mit den frei verfügbaren Diensten barchart (https://www.barchart.com) und TradingView (https://www.tradingview.com) erstellt
- Screenshots Kurstabellen/ Option Chain aus barchart.com, z.B. hier: https://www.barchart.com/stocks/quotes/AMZN/options
- Committment-of-Traders Report Download hier: https://www.cftc.gov/MarketReports/CommitmentsofTraders/index.htm
- “Daily Exchange Volume and Open Interest” der CME-Group: https://www.cmegroup.com/market-data/browse-data/exchange-volume.html
- Europäische Zentralbank: Gesamtwirtschaftliche Euroraum-Projektionen März 2024; https://www.ecb.europa.eu/…
Weiterlesen und tiefer Einsteigen
- Open Interest – Bedeutung im Futureshandel hier:
- Artikel “CoT Daten und CoT Report als Trader verstehen und im Trading erfolgreich nutzen” bei Kagels Trading
- Artikel “Was sind Futures und wie werden Sie gehandelt…” bei Kagels Trading
- Grundlagen des Optionshandels:
- Optionshandel lernen – der ultimative Guide für Einsteiger, Christian Möhrer von Kagels Trading, Einstieg in die Artikelserie hier: https://www.kagels-trading.de/optionen-handeln/
- Jens Rabe: Optionsstrategien für die Praxis, Börsenbuchverlag 2012; eine Neuauflage des Titels erscheint im Juli 2024
- Dr. Rajiv L B Roy: Option Chain Analysis, Independently published (28. Juni 2021)
FAQ zum Open Interest
Was ist “Open Interest”?
Das Open Interest existiert nur bei Futures und Optionen. Es gibt die Anzahl aller “offenen” Kontrakte zum Börsenschluss an, also aller Kontrakte, die noch nicht erfüllt (durch Lieferung oder Barausgleich) oder durch ein Gegengeschäft glattgestellt wurden. Die jeweilige Börse ermittelt diesen Wert zum Handelsschluss und veröffentlicht ihn in den Börseninformationen.
Welche Bedeutung hat Open Interest für den Trader?
Open Interest zeigt an, wie viele neue Kontrakte entstehen bzw. wie viele bestehende Kontrakte aufgelöst werden. Es ist ein Stimmungsbarometer, das quasi aussagt, wie viele Händler in einen Markt eintreten oder ihn verlassen. Dadurch wirkt es als wichtiger Sentimentindikator, der aktive und liquide Märkte anzeigt.
Wie kann ich als Daytrader das OI nutzen?
Open Interest ist ein Wert, der von den Börsen zum Ende eines Handelstages ermittelt wird. Für den intraday handelnden Trader scheint es also zunächst keine Bedeutung zu haben.
Doch auch für den Daytrader bietet das OI wertvolle Informationen für sein Handelsvorbereitung. Es zeigt (wie der Name ja sagt) das Interesse des Markts an einem bestimmten Produkt. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Liquidität und Volatilität dieses Marktes. In Zusammenschau mit seiner Veränderung kann es dem Kurzfristtrader und Scalper also in der Vorbereitung der Handelssession wichtige Hinweise geben, auf welche Märkte er sich fokussieren kann und welche Kursentwicklung möglicherweise zu erwarten ist.
Kann ich als Trader am Aktienmarkt OI Daten nutzen. Wenn ja, welche?
Am Aktienmarkt existiert der Wert des Open Interest nicht. Allerdings gibt es das OI am großen Markt der Aktienoptionen. Dieses OI kann durchaus als Sentimentindikator für den Aktientrader hilfreich sein.
Da der Optionshandel jedoch umfangreiches Fachwissen voraussetzt, ist hier eine gründliche Einarbeitung in das Thema von Nöten (Entsprechende Links finden Sie am Ende des Artikels). Nur “mal schnell nachschauen, wie sich dieser Markt entwickelt hat”, funktioniert nicht.
Welche Bedeutung hat der sog. “CoT-Report” im Zusammenhang mit dieser Thematik?
Der CoT-Report ist ein Marktbericht für die US-Futures- und Optionsmärkte. Er wird von der CFTC (einer staatlichen Aufsichtsbehörde für diese Märkte) wöchentlich am Freitag zu US-Börsenschluss (ca. 21:30 MEZ) veröffentlicht. Er enthält die Daten zum Börsenschluss des jeweiligen Dienstags der betreffenden Woche.
Obwohl der Bericht nur wöchentlich veröffentlicht wird — und bei seiner Veröffentlichung bereits drei Tage alte Informationen bereitstellt, ist er für den Futureshändler eine wichtige Ressource.
Er gibt nicht nur das Open Interest eines bestimmten Futures an, sondern schlüsselt es weiter auf in Long- und Shortpositionen der meldepflichtigen Marktteilnehmer. Damit erfährt der Trader, wie die wirklich marktbestimmenden Händler die Marktlage einschätzen und positioniert sind.
Eine umfangreiche Einführung in das Thema “CoT-Report” finden Sie in unserem Artikel “CoT Daten und CoT Report verstehen…”. Der Link hierzu ebenfalls am Ende des Artikels.
Wie verändert sich das Open Interest?
Das OI wächst immer dann um 1, wenn durch eine Aktivität ein neuer Kontrakt entsteht. Es sinkt um 1, wenn ein Kontrakt glattgestellt und aufgelöst wird. Wird ein Kontrakt lediglich an einen anderen Eigentümer übertragen, ändert sich das OI nicht.
Ist “Open Interest” das gleiche wie “Volumen”?
Open Interest und Volumen liegt ein ähnliches Konzept zugrunde. Beide Werte haben aber eine unterschiedliche Aussagekraft: das Volumen gibt die Anzahl aller Handelsaktivitäten (Käufe und Verkäufe) an, das Open Interest zeigt dann quasi das Ergebnis dieser Handelsaktionen. Ein hohes Volumen bedeutet also nicht unbedingt eine Veränderung des Open Interest.
So zeigt sich manchmal in einem Aufwärtstrend ein hohes Volumen und steigende Preise bei gleichzeitig stagnierendem oder rückläufigen Open Interest: die “Bullen” erkennen, dass der Markt überkauft ist und beginnen ihre Long-Positionen glattzustellen. Sie verkaufen an Trader, die, angelockt durch die Preisentwicklung, in den Markt drängen und die Preise kurzfristig noch nach oben pushen. Der Trend nähert sich jedoch seinem Ende, ein Wechsel scheint in Aussicht.
Worin unterscheidet sich das OI bei Futures von dem OI bei Optionen?
In beiden Fällen zeigt das OI die Anzahl der offenen Kontrakte, wobei der Begriff “offener Kontrakt” bei Optionen etwas anderes bedeutet als bei Futures: es sind die Optionen, die noch nicht ausgeübt, durch ein Gegengeschäft glattgestellt oder wertlos verfallen ist.
Ein zweiter Unterschied ist die Anzahl der OI-Daten: Im Futureshandel wird das Open Interest für jeden Future veröffentlicht. Im Optionshandel existieren jedoch zunächst Optionen mit unterschiedlichem Verfallsdaten. Zu jeder dieser Optionen wird dann das OI für jeden Strike-Preis der Option ermittelt – was eine erheblich umfangreichere Datenmenge bedeutet.
Welche zusätzlichen Informationen bietet das Open Interest dem Options-Trader?
Das OI vermittelt im Optionshandel zunächst die selben Informationen wie bei Futures. Der Optionstrader kann daraus die Attraktivität und Liquidität eines Marktes und weitere Informationen zur Trendstärke ableiten. Da das OI einer Option jedoch für jeden Strike-Preis veröffentlicht wird, kann es auch zur Bestimmung von Support- und Resistance-Levels genutzt werden und den Trader in der technische Analyse unterstützen.
Was sagt das Open Interest über einen Trend aus?
Das Open Interest lässt Vorhersagen über die Stärke und Entwicklung des jeweils vorherrschenden Trends zu. Ein steigendes OI bedeutet dabei eine Verstärkung oder Fortsetzung des vorherrschenden Trends, ein fallendes OI dessen Abschwächung.